
5. Tag: Die Tücken mit der türkischen Maut
- Posted by admin
- On 6. September 2018
Während wir uns bisher von Österreich, Rumänien, Ungarn und Bulgarien gewohnt waren, dass wir die für die Autobahn notwendige Vignette ohne grossen Aufwand erhalten, lief in der Türkei alles ein bisschen anders ab. Am Ende landeten wir in der türkischen Postfiliale (Ptt) in Gerede, eine Stadt mit 24 000 Einwohnern in der Provinz Bolu. Aber alles der Reihe nach.
Wie wir bereits im vorangehenden Blogpost berichteten, sind wir von Bulgarien aus über die Grenzübergangsstelle Malko Tarnowo-Dereköy in die Türkei eingereist. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass es sich nicht um einen gewöhnlichen Grenzübergang, sondern um einen etwas abgelegenen Grenzposten im Strandscha-Gebirge handelt. Dementsprechend war es auch kein Wunder, dass wir gestern beim Passieren des Grenzpostens keine Autokolonne vorfanden und mit Ausnahme der unzähligen Passkontrollen zügig durchfahren konnten. Es fehlte (glücklicherweise) nicht nur die Autokolonne, sondern auch (unglücklicherweise) die Kaufmöglichkeit der HGS-Vignette, welche wir für die gebührenpflichtigen Autobahnen in der Türkei dringend benötigen. Diese Vignette enthält einen elektronischen Chip, den man vorher à la Prepaid-Verfahren mit einem Betrag seiner Wahl auflädt. Bei der Einfahrt auf eine gebührenpflichtige Autobahn wird das Fahrzeug registriert und bei der Ausfahrt wird dann die anfallende Gebühr vom Guthaben abgebucht. Da wir die HGS-Vignette am Grenzposten nicht erhalten, fragen wir das Internet um Rat. Wir finden heraus, dass die HGS-Vignette auch bei jeder grösseren Shell-Tankstelle verkauft wird. Perfekt, keine grosse Sache! Shell-Tankstellen sollte es in der Türkei ja reichlich geben, denken wir. Auf unserer Route nach und um Istanbul treffen wir nicht nur keine Shell-Tankstelle, sondern gar keine Tankstelle an. Als wäre diese Erkenntnis nicht schon schlimm genug für uns – schlimmer geht immer! Wir steuern nämlich gerade direkt auf eine Mautstelle zu. Eine Ausfahrt gibt es nicht mehr und das Auto wenden, geht schon gar nicht. Es bleibt uns deshalb nur eines: Augen zu und durch. Als wir durch die Schranke fahren, blinkt nicht nur die gelbe Warnlampe, es ertönt auch ein Alarmsignal. Spätestens ab diesem Zeitpunkt wissen wir, dass wir uns nun schleunigst auf die Suche nach einer Shell-Tankstelle machen müssen. Wir fahren also noch ein paar Kilometer weiter. Eine Shell-Tankstelle können wir jedoch weit und breit nicht sehen. Wir fragen deshalb erneut das Internet um Rat. Der Zufall möchte es, dass sich die nächste Shell-Tankstelle gerade mal zehn Kilometer entfernt befindet. Wir müssen dafür nur die nächste Ausfahrt nehmen, was wir auch tun. Das Verlassen der Autobahn führt selbstredend dazu, dass wir ein zweites Mal eine Mautstelle passieren müssen. Die Details der zweiten Durchfahrt ohne Vignette ersparen wir dir an dieser Stelle. Bei der Shell-Tankstelle angekommen, springen wir förmlich aus dem Auto heraus, stürmen ungestüm in den Tankstellen-Shop hinein und fragen den Verkäufer voller Erwartung nach einer HGS-Vignette. Die Antwort des Verkäufers, der nur ein paar Brocken Englisch spricht, fällt zu unserem Erstaunen sehr kurz aus: „Shell not for tourists. Go to Ptt.“ Leicht frustriert machen wir uns deshalb auf den Weg zur nächsten Ptt-Filiale in Gerede. In der Postfiliale beginnen die ersten Verständigungsprobleme bereits beim Eingang, vor dem Ticketautomat. Wir sollen, wie es in der Schweiz üblich ist, ein Ticket ziehen. Im Gegensatz zur Schweiz gibt es in der Postfiliale in Gerede nicht nur einen Knopf, sondern deren drei stehen zur Auswahl. Diese sind natürlich ausschliesslich auf Türkisch angeschrieben. Wir drücken irgendeinen Knopf, nehmen das Ticket entgegen und warten bis unsere Nummer auf dem Display erscheint. Nach ein paar Minuten ist es soweit und wir sind an der Reihe. Wir werden von einer Frau freundlich empfangen, die jedoch nur türkisch spricht. Wir versuchen uns mit Händen und Füssen zu verständigen. Schliesslich verlassen wir zu Dritt die Postfiliale, um ihr unser Reisegefährt zeigen zu können. Aufgrund der Autogrösse gibt es für die HGS-Vignette unterschiedliche Gebührenstufen. Beim Zurücklaufen in die Filiale tauscht sich die Postbeamtin mit einem Passanten kurz aus. Das einzige Wort, das wir verstehen, ist so etwas wie «tourists». Wir sind wohl die ersten Touristen, die auf der Postfiliale in Gerede eine HGS-Vignette verlangen. Es scheint, als wären wir für die Postbeamtin trotz einigen Verständigungsproblemen eine willkommene Abwechslung. Sie bietet uns Bonbons an, welche wir dankend annehmen. Das Bezahlen der HGS-Vignette läuft dann auch ziemlich unkompliziert ab. Da wir die Postbeamtin nicht verstehen, strecken wir ihr einfach das offene Portemonnaie entgegen. Die Postbeamtin nimmt daraufhin die passende Note heraus und händigt uns das Rückgeld sowie die so sehnlichst gesuchte HGS-Vignette aus. Ende gut, alles gut! Wir verlassen mit fröhlichen Gesichtern die Postfiliale in Gerede, setzen uns ins Auto, kleben die HGS-Vignette an die Frontscheibe und nehmen nach diesem kurzen Umweg wieder Kurs auf unsere ursprüngliche Route. Denn heute Abend wollen wir die Nacht in aller Ruhe am Schwarzen Meer in Sinop verbringen.
Herzliche Grüsse
Michi & Steph
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