
6. Tag: Wie an der türkisch-georgischen Grenze aus 5 Minuten schnell mal 1 3/4 Stunden werden…
- Posted by admin
- On 7. September 2018
Als wir uns beim Eindunkeln dem türkisch-georgischen Grenzposten Sarp/Batumi nähern, fahren wir an einer endlos langen Lkw-Kolonne vorbei. Die Blechlawine vor dem Gotthardtunnel ist im Vergleich dazu ein Kindergeburtstag. Wir befürchten Schlimmes für unseren Grenzübertritt.
Am Grenzposten angekommen, bestätigen sich leider unsere Vorahnungen. Wir sind definitiv nicht die einzigen, welche die Absicht hegen, heute Abend noch in Georgien einzureisen. Wir reihen uns in die einspurige Fahrzeugkarawane ein. Dabei treffen wir wieder auf das Harzer Tajik Rally Team, das ungefähr ein Dutzend Fahrzeuge vor uns steht. Die Kontrollen gehen schleppend voran. Allein bis zur ersten Schranke vergeht über eine Stunde. Als es dann endlich soweit ist, erteilt uns der Zollbeamte irgendwelche Anweisungen. Da er jedoch nur Türkisch spricht und wir kein Wort verstehen, können wir nur mutmassen, was er uns sagen möchte. Wir interpretieren seine Worte und Gesten dann so, dass ich als Beifahrer aus dem Fahrzeug aussteigen muss und mich zu Fuss zur Passkontrolle begeben soll. Michi hat im Auto auf mich zu warten. (Noch eine kleine Randnotiz, falls auch du mal über diesen Grenzposten nach Georgien einreisen solltest: Die Grenzbeamten haben keine Freude, wenn am Steuer nicht die Person sitzt, auf welche das Fahrzeug zugelassen ist.) Michi drückt mir noch den Original-Fahrzeugausweis in die Hand, sicher ist sicher. Bei unserem Grenzübertritt in die Türkei mussten wir diesen nicht nur vorzeigen, es wurde auch in seinem Pass vermerkt, dass wir mit einem Auto eingereist waren. In der Annahme, dass ich Michi in spätestens 5 Minuten wieder als Beifahrer Gesellschaft leisten darf, gehe ich zum Schalter der Passkontrolle. Nach einer Minute ist alles erledigt. Den Fahrzeugausweis wollte der Zollbeamte nicht sehen. Also stecke ich die Papiere wieder ein. Der Ausgang führt mich durch einen schmalen Wellblechdurchgang, der nicht nur wie ein Provisorium aussieht, sondern auch immer länger und länger wird. Als ich nach ungefähr 200 Metern das Ende erreiche, wird mir erst bewusst, wo ich gelandet bin: genau zwischen dem türkischen und dem georgischen Grenzposten. Von Michi ist weit und breit keine Spur. Ich möchte mein Handy aus meiner Hosentasche holen, greife jedoch ins Leere. Mist, ich habe mein Handy im Auto liegen lassen. Bevor ich zu Fuss den georgischen Grenzposten passiere, entscheide ich mich, auf Michi zu warten. Und so werden aus den ursprünglichen 5 Minuten nicht 10, 30 oder 60, sondern geschlagene 90 Minuten bis ich Michi und Sunny aus der Ferne in der grossen Abfertigungshalle erblicke. Bis Michi mit Sunny dann die Schranke passiert, vergehen nochmals 15 lange Minuten. Während sich meine Passkontrolle im Nu erledigt, stellt sich diejenige von Michi als bedeutend nervenaufreibender und zeitintensiver dar. Ich muss jedoch zugeben, dass es auch schönere Dinge gibt, als auf jemanden ohne Handy unter fremden Menschen, mit denen man sich nicht verständigen kann, so lange warten zu müssen, ohne dabei zu wissen, wann dieses blosse Herumstehen endlich ein Ende findet. Geduld war noch nie meine Stärke.
Ihr fragt euch nun vielleicht, ob die Zollbeamten von Michi den Fahrzeugausweis sehen wollten. Klaro, wollten sie das, Genauigkeit und Ordnung muss sein. Michi streckt der Zollbeamtin nebst seinem Pass einfach eine Kopie des Fahrzeugausweises entgegen. Skeptisch mustert die Zollbeamtin die Kopie und stellt Michi auf Türkisch eine Frage. Als sie merkt, dass sie mit Türkisch nicht weiterkommt, lässt sie es bei ihrem ersten Versuch bleiben. Dies führt jedoch dazu, dass sie sich Verstärkung bei ihren Kollegen holt. Zu dritt starren sie nun wortlos in den Monitor. Weiss der Geier, was die genau prüfen. Die Minuten vergehen und die Schlange hinter Michi wird immer länger. Nach ungefähr 10 Minuten Rundum-Schweigen kommt für Michi das erlösende Zeichen, dass er weiterfahren darf. Michi muss noch eine Barriere passieren und dann kann ich ihm endlich den Original-Fahrzeugausweis durch das offene Autofenster reichen. Ins Auto einsteigen, darf ich noch nicht. Ich muss nämlich auch die georgische Passkontrolle zu Fuss beschreiten. Diese stellt sich wiederum als eine kurze Sache heraus: Nachdem ich der Zollbeamtin bestätige, dass ich zum ersten Mal nach Georgien einreise, darf ich georgisches Territorium betreten.
Bei Michi hingegen dauerte die Passkontrolle wieder etwas länger. Michi wird vom georgischen Zollbeamten, der sich mit seinem vollen Namen vorstellt, mit einem herzlichen «Welcome in Georgia» begrüsst. Der Zollbeamte spricht sehr gut deutsch und so erfährt Michi, dass der ehemalige Präsident von Georgien auch Michael (Micheil) heisst. Nachdem Michi zum Abschluss noch kurz aufzählen muss, was wir alles in unserem Fahrzeug mitführen, darf auch er nach dem dritten «Welcome in Georgia» die letzte Barriere passieren. Ich darf wieder in das Fahrzeug einsteigen. Unsere Weiterfahrt führt uns auf einen Campingplatz in Batumi, den wir kurz vor Mitternacht erreichen. Dann geht nicht mehr viel, denn der Grenzübergang hat uns über drei Stunden gekostet. Wir fallen todmüde in unsere Schlafsäcke und löschen die Lichter. Morgen beginnt wieder ein neuer Tag und unser Abenteuer geht weiter.
Herzliche Grüsse
Michi & Steph
0 Kommentare