
12. Tag: Liebesgrüsse aus Turkmenistan
- Posted by admin
- On 13. September 2018
Wir waren guten Mutes, dass es auch auf turkmenischer Seite im gleichen Stil weitergeht (siehe vorheriger Blogpost). Schliesslich waren wir mutterseelenallein, als wir uns der ersten Barriere auf dem Grenzgelände näherten: Ein paar Grenzsoldaten, -polizisten und wir. Das wars! Scheint wohl ein ziemlich harmloser Grenzposten zu sein. Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Nachdem wir dem Grenzsoldaten an der ersten Schranke unsere Papiere übergeben hatten, begann das grosse Kino. Der weitere Verlauf glich einem Agententhriller in James Bond Manier. Wir waren nicht nur dabei, als Hauptprotagonisten standen wir mittendrin!
So warteten wir also geduldig neben dem Kabäuschen auf die nächsten Anweisungen der Grenzsoldaten. Am Anfang war das eine tolle Sache: In T-Shirt und Shorts alberten wir bei ungefähr 25 Grad herum und genossen einfach das herrliche Sommerwetter. Es fehlten nur noch zwei Liegestühle. Selbstverständlich unterliessen wir es, bei den Grenzsoldaten danach zu fragen. Dies hätte wahrscheinlich das ganze Prozedere nur unnötig in die Länge gezogen, was es tunlichst zu vermeiden galt. Also blieben wir die ganze Zeit artig an Ort und Stelle stehen.
Doch plötzlich wich die anfängliche Ruhe einer grossen Hektik. Vom Hauptgebäude her springen immer mehr Soldaten über das Grenzpostengelände in unsere Richtung. Endlich mal Action hier, es wird auch langsam Zeit! Ansonsten wären wir wahrscheinlich noch im Stehen eingeschlafen. Doch es passiert einfach nichts. Informationen erhalten wir keine. Fragen unsererseits werden postwendend mit der Antwort, dass wir zu warten haben, unterbunden. Inzwischen teilen sich bereits acht Grenzsoldaten das ungefähr 10 m² spartanisch eingerichtete Kabäuschen und starren sich gegenseitig wortlos an. Es herrscht Totenstille. Informationen oder Anhaltspunkte können wir ihnen leider nicht entlocken, da sie allesamt ihr bestes Pokerface aufgezogen haben. Für uns erweckt die Situation den Eindruck, als würden wir uns gerade am Roulette-Tisch des Casino Royale befinden, um eine Stange Geld zockend.
Völlig unerwartet taucht ein kleiner Lichtblick auf. Das Telefon klingelt. Wir hoffen inständig, dass die Warterei für uns endlich ein Ende hat und der Befehl erteilt wird, dass wir die Schranke passieren können. Vergebens. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt!
Unsere Füsse bohren sich langsam in den Boden. Die ganze Warterei fühlt sich wie eine Ewigkeit an, als würde der Nachmittag nie sterben. Inzwischen sind zwei Stunden vergangen. Irgendwann ist ja auch mal genug, zumal der Skyfall plötzlich einsetzte. Graue Wolken ziehen auf und lassen die Sonne verschwinden. Ein Kälteeinbruch – auch das noch! Muss das gerade jetzt sein? Wir wollen unsere Jacken im Auto holen. Von einem Grenzsoldaten wird uns das verwehrt. Ein Ranghöherer hat dann freundlicherweise ein Quantum Trost mit uns und wir dürfen in unsere wärmenden Jacken schlüpfen. Nicht nur die Temperatur, sondern auch unsere Laune wurde zunehmend frostig.
Dann macht sich plötzlich unsere Blase bemerkbar. Wir müssen mal eben ganz dringend für kleine Jungs. Dieses Mal fragen wir direkt den Ranghöheren. Er zeigt erneut Verständnis und bittet uns, ihm zu folgen. Anstatt gemütlich zu schlendern, hetzt er uns förmlich über das ganze Grenzpostengelände. Zu Beginn hatten wir uns noch ein wenig über die sprintenden Grenzsoldaten lustig gemacht. So schnell kann es gehen: Auf einmal waren wir mittendrin statt nur dabei. Es geht nicht ins, sondern am Hauptgebäude vorbei. Einige Meter weiter kommen wir beim Plumpsklo an. Der Ranghöhere tippt mit seinem Zeigefinger mehrmals auf sein Armgelenk, um uns zu verstehen geben, dass wir uns beeilen sollen. Zurück geht es natürlich wieder im Joggingtempo.
Nach geschlagenen 2 ½ Stunden fordert uns der Mann mit dem goldenen Colt auf, uns in das Hauptgebäude zu begeben. Kaum haben wir drinnen bequem Platz genommen, geht alles plötzlich rasend schnell. Der ganze Papierkram war im Expresstempo erledigt. Wir wurden sogar angehalten uns zu beeilen, damit alle in den verdienten Feierabend gehen können. Die Grenztore waren nämlich offiziell seit rund einer halben Stunde geschlossen. Zuerst einen zappeln lassen und dann scheucht man uns von Schalter zu Schalter über das Grenzpostengelände, verkehrte Welt! Das Schnellverfahren hatte aber seinen stolzen Preis. Für unterschiedliche Gebühren – keine Ahnung wofür – mussten wir eine Menge an US Dollar auf den Tisch legen. Ein Kinobesuch wäre definitiv günstiger gewesen. Dafür gab es zwei kleine Willkommensgeschenke: Zum einen wurde das Etui unserer Drohne plombiert. Die Plombe während unseres Aufenthaltes in Turkmenistan zu entfernen, ist strengstens verboten. Somit wird leider nichts mit imposanten Bildern aus der Wüste Karakum. Zum anderen wurde uns ein GPS-Gerät in die Hände gedrückt. Und wir dachten, Weihnachten kommt nur einmal im Jahr! Bei den Erinnerungen an die turkmenische Gastfreundschaft sind wir immer noch ein wenig geschüttelt, ähm gerührt.
Herzliche Grüsse
Michi & Steph
PS: Vom Team Südheide erfuhren wir dann am Abend, dass sie sogar beim Amtsarzt Dr. No antraben durften, der mit einer bedrohlich wirkenden Fiebermesspistole bewaffnet war. Zudem mussten sie ihre Goldfinger hinhalten und beweisen, dass sie auch schön ihre Fingernägel geschnitten hatten. Diese Prozedur blieb uns glücklicherweise erspart.
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