
16. Tag: Die eigentliche Rallye beginnt erst jetzt
- Posted by admin
- On 17. September 2018
Meter um Meter kämpfen wir uns in die Höhe bis die asphaltierten Strassen auf einmal ganz aufhören. Es geht über Schotterpisten, durch kleine Flussbetten und Schlammpfützen weiter. Mit Highway hat das nichts mehr zu tun. Das Rallyeabenteuer beginnt erst jetzt. Wir haben so richtig Spass daran. Anstatt die Pfützen zu meiden, fahren wir erst recht mitten hindurch. Das Kind im Manne wird geweckt. Dies zum Leidwesen von Sunny, die den ganzen Dreck abbekommt. Mit einem Preis beim Schönheitswettbewerb wird wohl nichts!
Erdrutsche und Schlammlawinen bedrohen den Pamir Highway immer wieder, so dass mit kurzfristigen Routenänderungen zu rechnen ist. Manchmal kann es auch vorkommen, dass überhaupt nichts mehr geht und man zum Ausharren verdonnert wird. Wir haben Glück und können die ganze Zeit zufahren.
Als wir uns auf einer Höhe von 4259 Meter dem Kyzyl-Art-Pass und somit dem tadschikischen Grenzposten nähern, hat sich die Sonne bereits hinter den Berggipfeln versteckt, ganz zu unserem Leidwesen. Denn erst jetzt spüren wir so richtig, dass das Thermometer in den Keller gestürzt ist. Es ist bitterkalt. Als wir beim ziemlich verlassenen Grenzposten ankommen, hoffen wir für einmal, dass wir das geheizte Auto ausnahmsweise nicht verlassen müssen und sich die ganzen Zollformalitäten im Sitzen erledigen lassen. Unsere Hoffnung wird ziemlich schnell zerschlagen. Auch demonstratives Sitzenbleiben nützt nichts. Der Grenzsoldat hat kein Erbarmen und bittet uns auszusteigen. Zuerst ziehen wir uns jedoch noch die dicksten und wärmsten Jacken an, die wir mitgenommen haben. Von gut gelaunten Grenzsoldaten werden wir im geheizten Kabäuschen empfangen. Wir bleiben direkt unter dem Türrahmen neben dem wärmespendenden Kachelofen stehen. Als wir uns gerade mit dem Gedanken befassen, wie schön es wäre, sich neben dem Kachelofen in kuschelige Wolldecken einzuhüllen und die Nacht hier zu verbringen, findet unser Kopfkino ein jähes Ende. Der Grenzsoldat hat die Zollformalitäten in Rekordzeit abgewickelt und teilt uns mit, dass wir uns nun zum «Veterinär» begeben können. Alle Achtung, das ging aber schnell! Das mit dem «Veterinär» ist eine Geschichte für sich. Kurz zusammengefasst: Es kommt so weit, dass wir freiwillig auf das Quarantäne-Dokument verzichten und einen ziemlich unglücklich wirkenden Grenzmitarbeiter zurücklassen.
Wir kehren zu unserem geheizten Auto zurück, starten den Motor und passieren die Schranke des Grenzpostens. Gegenüber der kirgisischen Seite sind die Strassenverhältnisse ein wenig besser, allerdings können wir aufgrund der inzwischen eingetretenen Dunkelheit kaum etwas sehen. Die Sichtweite beschränkt sich trotz eingeschaltetem Fahrzeugscheinwerfer auf ein paar wenige Meter. So ist es an der Zeit, den von uns am Dachträger montierten LED-Scheinwerfer in Betrieb zu nehmen und die unmittelbare Umgebung zu erhellen. So gestaltet sich unsere Weiterfahrt schon viel besser. Wir schleichen vorsichtig den steilen Hang hinab und gelangen zur Hochebene mit dem Karakul-See. Einen See können wir aufgrund der Finsternis nicht erkennen. Und wie die Umgebung aussieht, lässt sich auch nur in unseren Köpfen erahnen. Wir verlassen die Strasse und fahren einige Meter ins Nichts hinaus. Wir entscheiden uns, die Nacht hier zu verbringen, obwohl wir keine Ahnung haben, wo wir genau gelandet sind.
Herzliche Grüsse
Michi & Steph
PS: Kaum waren wir aus dem Auto ausgestiegen, konnten wir ein Surren wie von einer Drohne vernehmen. Unsere Drohne war es definitiv nicht. Denn die lag fest verschlossen im Etui. Aufgrund der Finsternis konnten wir auch am Himmel nichts erkennen. Erst ein paar Tage später stellten wir fest, dass die chinesische Grenze nicht einmal 10 Kilometer von uns entfernt lag. Aber wahrscheinlich setzte uns einfach die Höhe zu und alles war nur ein Hirngespinst.
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