
18. Tag: Das grosse Glück liegt in den kleinen Dingen
- Posted by admin
- On 19. September 2018
Im Vergleich zur letzten Nacht auf über 4000 Meter über Meer haben wir wieder wie Bären im Winterschlaf geschlummert. Und obwohl die Sonne noch nicht den Weg zu uns ins Tal gefunden hat – denn um uns strecken sich prachtvolle Felswände in den Himmel – ist wieder ein Sprechen ohne Rauchzeichen möglich. Wir können heute also ganz gemächlich in den Tag starten und die idyllische Natur geniessen.
Zum Frühstück haben wir uns etwas ganz Spezielles ausgedacht. Eigentlich waren es weniger wir, sondern einer unserer Fun-Sponsoren. Die Auflösung zu unserem geheimnisvollen Frühstück gibt es zu einem späteren Zeitpunkt auf unserer Website unter der Rubrik Fun-Sponsoring nachzulesen. Es sei an dieser Stelle so viel verraten, dass es nicht Rösti aus dem Beutel ist. 🙂
Als wir Feuer machen, gesellt sich ein älterer Mann zu uns. Wortlos beobachtet er mit interessiertem Blick unser Treiben. Wir bieten ihm eine Tasse warmen Tee an, den er dankend annimmt. Daraufhin spricht er uns an. Mit Gesten und Achselzucken versuchen wir ihm zu erklären, dass wir nichts verstehen. Da probiert es der Mann mit der Zeichensprache. Wir interpretieren sie so, dass wir ihn nach Hause begleiten sollen. Wir wiederum versuchen ihm mitzuteilen, dass wir fertig frühstücken und dann sehr gerne seine Einladung annehmen. Ob er unser Mischmasch aus Worten und Pantomime richtig deutet? Nach einigen Minuten verlässt er uns wortlos.
Keine 15 Minuten später steht auf einmal eine ältere Frau vor uns. Sie hält ein selbstgebackenes Fladenbrot in den Händen und überreicht es uns. Was für eine herzliche Geste! Zum Dank überreichen wir ihr die in Usbekistan gekaufte Honigmelone. Sie macht dann eine Winkbewegung in die gleiche Richtung, wie der ältere Mann vorhin. Wir vermuten, dass es sich bei den beiden um ein Paar handelt. Die Einladung wollen wir uns nicht ein zweites Mal entgehen lassen. Hastig löschen wir das Feuer und verstauen unsere Sachen im Fahrzeug. Bis wir aber so weit sind, ist die Frau auch bereits wieder verschwunden. Wir nehmen die Fährte auf. Mit Erfolg. Aus der Ferne können wir erkennen, wie die Frau in einem kleinen Haus verschwindet. Als wir uns dem Haus näher, erblicken wir den älteren Mann von vorhin. Er erntet gerade Kartoffeln vom Acker. Als er uns wahrnimmt, ziehen sich seine Mundwinkel nach oben. Er ruft seiner Frau, die daraufhin aus dem Haus eilt. Auch ihr ist die Freude über das Wiedersehen merklich anzusehen.
Das ältere Paar lädt uns in ihr Zuhause ein. Die Räumlichkeiten entsprechen überhaupt nicht unseren Vorstellungen, welche uns vorher noch durch den Kopf geschwirrt sind. Obwohl alles äusserst einfach gehalten ist, wirkt es sehr gemütlich und einladend. Das Haus verfügt über Strom- und Wasseranschluss. Ein Bett oder eine Matratze suchen wir vergebens. Geschlafen wird auf mehreren aufeinandergelegten Teppichen. Ein ziemlich ungewohntes Bild ergibt sich im Wohnzimmer für uns. Denn dort stapelt sich der ganze Kartoffelvorrat. Wir erfahren, dass der Mann das Haus vor Jahren selber erbaut hat. Bei seinen Erzählungen wirkt er richtig stolz – zu Recht finden auch wir. Das Haus gleicht einem kleinen Bijou. Es lässt sich nicht übersehen, dass hier viel Liebe ins Detail investiert wurde. Das eigens angefertigte Dachfenster, welches Sonnenlicht hereinlässt, ist nur ein Beispiel von vielen. Während er mit Händen und Füssen uns über die Bauweise des Hauses aufklärt, klopft ihm seine Frau liebevoll auf die Schultern und ein «good man» kommt über ihre Lippen. Es ist faszinierend, welch herzlichen Umgang sie miteinander pflegen. Sie scheinen sehr glücklich zu sein. Das ist wohl wahre Liebe!
Sie laden uns zum Essen ein. Es gibt selbstgemachtes Fladenbrot und Magerjoghurt. Dazu gibt es heissen Kräutertee. Die Frau spricht ein paar Brocken Englisch. Für eine richtige Verständigung reichen diese jedoch nicht aus. Und doch gestaltet sich die Kommunikation zu unserem Erstaunen recht gut. Dies dank unserer Übersetzungs-App. Wir erfahren u. a. von ihnen, dass sie Eltern von fünf Kindern sind. Inzwischen sind jedoch alle Kinder ausgezogen. Eine Tochter und ein Sohn leben sogar in Duschanbe, unserem Endziel.
Wir geniessen das gemütliche Zusammensein. Als die Zeit zur Verabschiedung naht, überreicht uns der Mann noch einen Sack Kartoffeln. Wow, war das eine schöne und zugleich inspirierende Begegnung. Das grosse Glück versteckt sich oft in kleinen Dingen, so z. B. in einer zufälligen Begegnung.
Herzliche Grüsse
Michi & Steph
PS: Sehr gerne hätten wir natürlich die Kartoffeln selber gekostet. Nur schade, in weniger als 70 Stunden sitzen wir wieder im Flugzeug nach Zürich. Die Kartoffeln des grosszügigen und liebevollen Paares schenken wir schliesslich an die Caritas weiter. Sie verteilt diese an bedürftige Menschen.
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